ir haben uns als Ausflugsziel den östlichsten Ortsteil Berlins ausgewählt, das alte Fischerdorf Rahnsdorf. Die Scheiben heruntergekurbelt, lassen wir uns schon im Auto den Wind um die Nase wehen. Spätestens auf dem Fürstenwalder Damm stellt sich das richtige Ausflugsgefühl ein, es geht „raus ins Jrüne“. Bäume in sattem Frühlingsgrün flankieren die Straße zu beiden Seiten.
Berliner Ausflug im Sommer: Ohne Auto Berlin-Rahnsdorf erkunden
Kurz hinterm Strandbad Müggelsee, wo der Fürstenwalder Damm in die Fürstenwalder Allee übergeht, stellen wir den fahrbaren Untersatz auf dem großen Parkplatz ab, laufen ein kleines Stück in Richtung Südosten und überqueren das Fredersdorfer Mühlenfließ.

Nur wenige Schritte weiter biegen wir am Café Gerch, wo sich Ausflügler wie Einheimische für ein Leckeis in die Schlange eingereiht haben, nach rechts in die Seestraße ein.

Dann links in die Wiesenstraße, gleich wieder rechts in den Mühlenwerderweg und immer geradeaus bis hinunter ans Wasser, der „Bänke“, wie dieser kleiner See heißt. Eigentlich ist es der Ostzipfel des Großen Müggelsees, von diesem aber durch das vorgelagerte Inselchen Müggelwerder etwas abgetrennt.
Noch Lust und Zeit, kurz beim Strandbad Müggelsee vorbeizuschauen?
Vom Parkplatz aus ist es bis dort nur ein Katzensprung. 1930 eröffnet, ist nicht zu übersehen, dass die Gebäude in die Jahre gekommen sind. Die Berliner Bäderbetriebe schlossen das marode Strandbad bereits 2006, seither wird das Areal vom Bezirk Treptow-Köpenick als öffentliche Badestelle ohne Eintritt betrieben. Inzwischen scheint aber Bewegung in die schon lange geplante Sanierung zu kommen. Im März gab Bürgermeister Oliver Igel bekannt, der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses habe 10,5 Millionen Euro für die denkmalgerechte Sanierung der Anlage freigegeben.
Hier finden Sie mehr Informationen über das Strandbad Müggelsee >>
Mit der Fähre hinüber zum historischen Ortskern von Rahnsdorf
Ein paar Spaziergänger und ein halbes Dutzend Radfahrer warten schon am Steg – ein sicheres Zeichen, dass gleich die BVG-Fähre anlegen wird. Einmal die Stunde nimmt der solarbetriebene „Fähr Bär“ – die F23 – von hier aus Kurs auf den historischen Rahnsdorfer Ortskern, mit Zwischenhalt auf der Müggelheimer Seite in Müggelhort und einem zweiten Stopp direkt vor der Ausflugsgaststätte Neu-Helgoland. Nach 25 Minuten haben wir den Haltpunkt Kruggasse erreicht – ein Schiffsausflug zum absoluten Günstigtarif, denn es reicht das BVG-Kurzstreckenticket.

Frischen Fisch vom letzten Müggelseefischer
Am Ufer duftet es nach frisch geräuchertem Fisch. Andreas Thamm hat den schwarzen stählernen Ofen angeheizt, goldgelb schimmernde Heilbuttstücke und kräftige Aale hängen im Rauch. Seit mehr als 35 Jahren fährt Thamm Tag für Tag raus auf den Müggelsee. Früh um fünf Uhr, als mittlerweile letzter Müggelseefischer. Was er aus dem See holt, bietet er am Wochenende in seinem Imbiss den Ausflüglern an. Die Lachsforelle ist an diesem Sonntag besonders beliebt. Verzehrt werden muss die in Pandemie-Zeiten allerdings unterwegs, zum Beispiel auf der Bank vor der Dorfkirche.
Rialtoring: Neu-Venedig in Berlin
Auf dem Kopfsteinpflaster ist das Hufgetrappel schon von weitem zu hören. Hier im alten Fischerdorf ist der Anblick von Pferdekutschen absolut nichts Außergewöhnliches. Gemütlich trabt der schwarze Rappe vom „Pony-Express“ seines Weges, hübsch zurechtgemacht mit Blüten in Mähne und Schweif.

Über die Dorfstraße gehen wir durch den denkmalgeschützten Ortskern, bis rechts die Straße 546 einmündet. Ja, hier gibt es auch sie noch, die Straßen ohne Namen. Durch die Laubenkolonie mit den gepflegten, teils sehr urigen Gärten folgen wir dem Straßenverlauf der 546, die dann irgendwann doch wieder einen Namen hat: Blumeslake. Nach links den Schleiengang entlang, dann nach rechts in den Plutoweg. Die Grundschule an den Püttbergen lassen wir linkerhand liegen.
Nur wenige Meter noch, dann biegen wir nach rechts in den Rialtoring ein. Der Name sagt alles: Hier sind wir in Neu-Venedig, der idyllisch gelegenen, von Kanälen durchzogenen Siedlung. „Auch wenn Neu-Venedig mit nur fünf Kanälen und 13 Brücken zahlenmäßig nicht mit seinem italienischen Vorbild mithalten kann, dann doch zumindest mit seinem Charme“, haben wir zuvor in Berlins offiziellem Reiseportal visitBerlin.de gelesen, wo Neu-Venedig als „Geheimtipp unter den Sightseeing-Attraktionen“ angepriesen wird.

Uns erinnert das Örtchen allerdings eher an den Spreewald mit seinen Fließen, schließlich ist es ja auch die Müggelspree, die sich hier verzweigt. Eine junge Familie winkt uns von ihrem Motorboot aus freundlich zu, wir winken von der Brücke zurück. Radler überholen uns – auffällig viele übrigens auf ganz klassischen Drahteseln, nichts da mit Rückenwind aus der Steckdose.
Mehr Ideen für Berliner Radtouren? Hier finden Sie unsere Tipps für eine Radtour durch Berlin >>
Schönes Ausflugsziel in Berlin
Ein Hundebesitzer mit seinem Dackelspitzmischling spricht uns an, denn auch wir haben unseren kleinen Dackelmix dabei. Plaudernd laufen wir weiter und sind so vertieft in das „Expertengespräch“ über Hundeerziehung und störrische Dackel im Allgemeinen und Besonderen, dass wir gar nicht wahrnehmen, dass wir gerade die Rialtobrücke überquert haben. Ganz so spektakulär wie das italienische Pendant ist sie dann doch nicht. Aber ein lohnenswertes Ausflugsziel ist Neu-Venedig allemal.
Wir biegen nach links in den Lagunenweg und gehen ihn bis zum Ende, wo wir wieder auf die Fürstenwalder Allee stoßen. Je nach Kondition (und Ausdauer des Dackelmischlings) kann man von hier aus mit dem Bus 161 zurück zum Ausgangspunkt der Tour fahren und sich dann wieder in die Autositze plumpsen zu lassen.
Unsere Buchtipps: Berliner Ausflugsziele für den Sommer
Bücher über Berliner Ausflugsziele gibt es in Hülle und Fülle. Wir möchten Ihnen zwei davon ans Herz legen.
Jens Mühling: „Berlin. Spaziergänge durch alle 96 Ortsteile“ (Rowohlt Taschenbuch Verlag, 15 Euro). Mühling durchstreift ganz Berlin, Ortsteil für Ortsteil. „Fährt einfach hin und läuft los. Stürzt sich in Zufallsbegegnungen, erlebt Abenteuer. … Und er erfährt, dass sich Berlin wie eine fremde, neue, andere Stadt anfühlen kann, sobald man nur mal ein paar Haltestellen weiter rausfährt, als man es sonst tut“, heißt es treffend im Klappentext. Mühling hat wirklich jeden einzelnen Ortsteil erkundet – vom kleinsten (Hansaviertel)
bis zum größten (Köpenick), vom einwohnerreichsten (Neukölln) bis zum einwohnerärmsten (Malchow). Konkrete Wegbeschreibungen sucht man in dem Buch vergebens, aber es ist sehr amüsant geschrieben und eine schöne Inspiration, sich selber eine Tour zusammenzustellen.
M. Gerold, W. Griebel, H. Beutel (Hg.): „Bergführer Berlin. Ein Stadtführer für urbane Gipfelstürmer“ (be.bra-Verlag, 16 Euro). Berge in Berlin? Nun, Alpinisten werden da vielleicht verständnislos den Kopf schütteln und „Das ist ja der Gipfel“ schimpfen. Aber für die Berliner sind die Erhebungen – von aufgeschütteten Schutt- und Müllbergen bis zu natürlich entstandenen Moränenbergen – durchaus Berge. Eine Seilschaft von neun Autoren hat sich auf den Weg gemacht, die zahlreichen Höhenzüge Berlins zu finden und zu erklimmen. Von der Humboldthöhe bis zum Kienberg, von den Lübarser Höhen bis zum Windmühlenberg oder dem Kreuzberg. Soeben ist das Buch in zweiter, aktualisierter Auflage erschienen.