aum sind Strom und Bäche vom Eise befreit, zieht es die Berlinerinnen und Berliner vor die Balkontür. Die Tage werden wieder länger und freundlicher, in den Parks weicht der Matsch einem sanften Grün und auch die Blumenkästen wollen nun, sofern vorhanden, von der winterlichen Tristesse befreit werden. Vor allem jetzt, wo wir dazu aufgerufen sind zuhause zu bleiben, entdeckt der ein oder andere vielleicht den heimischen Balkon ganz neu.
Andrang in den Gartencentern dank zusätzlichem „Zimmer“

Gesicherte Zahlen über die Haushalte mit Frischluftzugang über Balkon oder Terrasse liegen zwar nicht vor, aber der Andrang in den Gartencentern am ersten warmen Frühlingstag lässt darauf schließen, dass sich die halbe Stadt im Hobbygärtnern versucht. Für nicht wenige wird dieses zusätzliche „Zimmer” in den nächsten Monaten zum Zentrum der Wohnung, zum Aussichtsplatz und zur Showbühne. Manch einer verlebt hier sogar einen entspannten Sommerurlaub. Jetzt im Frühling ist die beste Zeit, aus diesen mal zwei, mal bis zu acht Quadratmetern ein individuelles Paradies zu zaubern.
Balkon-Fakten
Balkongeländer bei Neubauten müssen mindestens 90 Zentimeter hoch sein, bei Altbau gilt oft Bestandsschutz für niedrigere Brüstungen.
Gewicht, Grillen, Markise, Säubern
Laut „Regelwerk für Lastannahmen auf Tragwerke” der Normvorschrift DIN 1055 soll ein Balkon eine Verkehrslast von 300 bis 500 Kilo pro Quadratmeter tragen können. Achtung: Ein Planschbecken mit einer Wasserhöhe von 40 Zentimetern entspricht einer Last von 400 Kilo je Quadratmeter.
Grundsätzlich gilt: Grillen auf Balkonien ist erlaubt, aber nur „solange dadurch nicht andere Mieter unzumutbar beeinträchtigt werden”, so das Amtsgericht Wedding (Az. 10 C 476/89). Bei den Grillzeiten sind die Richter uneinig: Das Landgericht Stuttgart erlaubt sechs Stunden pro Jahr (Az. 10 T 359/96), das Landgericht Aachen zweimal im Monat zwischen 17 und 22 Uhr.
Will der Mieter auf seiner Terrasse eine Markise anbringen, benötigt er die Zustimmung des Vermieters (LG München, Az. 31 S 19 840/88).
Für die Reinigung des Balkons ist der Mieter zuständig. Dazu gehört auch die Säuberung des Abflusssiebes, damit Regenwasser ablaufen kann (LG Berlin, Az. 61 S 379/85).
Der durchdachte Platz an der Sonne

Allzu oft ist die Ausgangslage grau und öde: Der Vormieter hatte den Platz an der Sonne nicht als solchen erkannt und die Betonfläche als Abstellkammer, Platz für die Mülltrennung oder für den Biervorrat genutzt. Gegen die Trostlosigkeit hilft nun zunächst ein schöner Boden. Zur Wahl stehen wohnliche Dielen und Platten aus heimischen Hölzern oder aus dem wetterfesten Holzimitat Komposit.
Für kleinere Flächen kommt durchaus auch flauschiger Kunstrasen in guter Qualität in Frage. Etwas komplizierter ist es bei Fliesen: Hier muss natürlich der Vermieter gefragt werden und dieser sollte prüfen lassen, ob der Balkon das zusätzliche Gewicht trägt.
Freie Wahl beim Sicht- und Windschutz
Bei den Wänden gibt es oft strikte Vorgaben, um bei Mehrfamilienhäusern eine einheitliche Fassadenfarbe zu gewährleisten. Dafür besteht beim essentiellen Sicht- und Windschutz rund um das Balkongeländer freie Material- und Farbwahl – auch nach aktueller Rechtsprechung. Zweckdienlich und einfach nur Geschmackssache sind Bast- oder Strohmatten sowie die komischerweise grundsätzlich gestreiften Textilbespannungen.
Passende Möbel für den Balkon wählen
Das Mobiliar richtet sich nach der mutmaßlichen Nutzung: Auf einem Ostbalkon darf der Frühstückstisch im Zentrum stehen, auf keiner Südterrasse wird der Liegestuhl fehlen. Grundsätzlich gilt: Das Balkonleben beruht auf Improvisationsgeschick und Flexibilität. Deshalb sind zwei kleine zusammenstellbare Tische oft besser als ein größerer, Klappstühle zweckdienlicher als sperrige Sessel. Einzig bei den bevorzugten Sonnenplätzen der Bewohner sind Provisorien verboten. Und einer hat auf dem begrenzten Raum übrigens nichts verloren: Der sperrige Schirmständer, der immer im Weg steht. Den nötigen Sonnenschirm halten vielmehr Spezialklemmen aus dem Fachgeschäft am Balkongeländer.
Fünf Reiseziele, die Sie sich jetzt einfach nach Hause holen können:
Asien
Fahren Sie nach Japan mit Dekoelementen aus hellen Holzrahmen, Reispapier und asiatischen Schriftzeichen. Eher chinesisch wird es mit dunklen Holzmöbeln und roter Seide. Balinesische Inselträume lassen sich mit Bambusmatten, Bambusmöbeln und flachen Sitzkissen erzeugen.
Orient
Bunt gemusterte Sitzkissen, runde Lederhocker oder große Korbstühle schaffen eine Atmosphäre wie aus 1001 Nacht. Weiße Tücher halten die Sonne ab und schaffen Privatsphäre, auch eine breite Hängematte macht sich gut. Tee steht in einem Samowar auf einem großen Messingtablett bereit.
Meer
Bastmatten und Seile am Geländer, blau-weiß gestreifte Sitzkissen auf weiß lackierten Möbeln. Liegestühle stehen im Sand, in einer Pufferzone vor der Balkontür werden die Schuhe gewechselt.
Urwald
Viele Blumen, Töpfe und Kletterpflanzen lassen den Balkon zu einem verwunschenen Garten werden. Spannt man ein Netz, können Kletterpflanzen wie Efeu oder Wein als Sichtschutz dienen. Dazwischen sollte genügend Licht einfallen, damit exotische Blumen gedeihen.
Gebirge
Besinnliche Entspannung dank Steingarten mit geharktem Kies und kleineren Felsen im Zen-Stil. Dafür eignen sich kleine Kiefern oder Koniferen. Dazu passen Gräser, Polsterstauden, Fetthennen und Kräuter wie Thymian und Lavendel.
Ganz großes Kino und ganz kleines Golf

Ist der Balkon zweckmäßig hergerichtet und dank kreativer Gestaltung und sprießender Vegetation auch bald einer der gemütlichsten Orte des eigenen Zuhauses, kann der entspannende wie inspirierende Feierabend-, Wochenend- oder gar Sommerurlaub beginnen. Nun gilt es: Die optimalen Sonnenstunden auszutesten (und dabei die Sonnencreme nicht zu vergessen). Bei Wespen coole Gelassenheit zu bewahren und das ultimative Hausmittel gegen Mücken zu googeln. Eine Entscheidung zu fällen, ob es internetfreie Entspannungszeiten geben soll. Und herauszufinden, dass Radieschen im Balkonkasten nach zehn Wochen servierfertig sind.
Außerdem warten auf Balkonien Abenteuer für Cineasten, Sternenforscher, Theaterliebhaber, Sportfans – und große Romantiker. In den Genuss des ganz großen Kinos kommen Menschen, die im Innenhof auf eine Brandwand blicken. Mit einem starken Beamer wird diese im Sommer zum Freiluftkino, auch für die Nachbarn. In gemäßigter Lautstärke kann auch der Wohnzimmerfernseher großes Open-Air-Entertainment bieten. Im Frühling bieten sich insbesondere die großen Sporthighlights für gesellige Abende an.
Tischtennis und Yoga auf dem Balkon
Nach wildromantischen Sonnenuntergängen können in klaren Nächten astronomische Grundkenntnisse erworben werden. Mehr Sternzeichen als den Großen Wagen erkennt beispielsweise das in den Nachthimmel gehaltene Smartphone dank schlauer Apps. Rund alle vier Wochen thront dort auch der Vollmond und macht die Balkonnächte zauberhaft mystisch. Nicht nur dann ist es für Groß und Klein eine spannende Erfahrung, mitten in der Stadt unter freiem Himmel zu schlafen. Bei ausreichend Platz kann auch ein Iglu-Zelt für Geborgenheit sorgen. Auf jeden Fall beginnt der Tag sehr früh mit fröhlichem Vogelgezwitscher.
Natürlich darf es beim Erholungsurlaub auf Balkonien auch hin und wieder zu körperlichen Aktivitäten jenseits des Blumengießens kommen. Das alte Trimmfahrrad aus dem Keller kann hier im Sommer einen neuen, durchaus motivierenden Standplatz finden, und auch für das morgendliche Yoga oder die Kniebeugen gibt es wohl keinen besseren Ort. Mit einem Mininetz eignen sich selbst kleine Balkontische für lustiges Ping-Pong (mit viel zusätzlicher Bewegung beim Suchen des Tischtennisballs im Innenhof). Balkonsport Nummer eins ist aber Microgolf: Da selbst Terrassen für klassisches Minigolf zu klein sind, wird mit Murmeln und Kaffeelöffeln als Schläger gespielt – nachdem zuvor fantasievolle Hindernisparcours aufgebaut wurden.
Doch ganz egal ob Action oder Erholung, eins ist sicher: Beim Urlaub auf dem eigenen Balkon gibt es immer freie Liegen, beste Sicht und keinen, der stört. Es ist ein Ort, der leicht erreichbar und doch nicht überlaufen ist. Und das Beste: Bier oder Weinschorle der Hausmarke stehen wohltemperiert im nahen Kühlschrank und das Essen schmeckt wie zuhause.
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